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  Entwicklung hörbeeinträchtigter Kinder 

Das Begleiten hörbeeinträchtigter Kinder ist eine anspruchsvolle und intensive Aufgabe für Eltern


Tanja und Christoph Siebenhaar gaben den Teilnehmenden in einem Fachvortrag einen Überblick über die Meilensteine der Entwicklung hörbeeinträchtigter Kinder. Neben der sprachlichen Förderung wurde auch die soziale und emotionale Entwicklung dieser Kinder thematisiert.

Tanja (Primarlehrerin, Kindergärtnerin und Psychomotorik-Therapeutin) und Christoph Siebenhaar (Primarlehrer und Heilpädagoge) haben drei Kinder, eines davon ist hörbeeinträchtigt. Eindrücklich schildern sie, wie sie die Entwicklung ihres hörbeeinträchtigten Kindes miterlebt und ihren Sohn unterstützt haben. Sie erwähnen fünf fördernde Faktoren.

 


1.
Trauer / Akzeptanz

Die Diagnose «gehörlos» kann mit Trauer verbunden sein. Es ist wichtig, dieses Gefühl zuzulassen. Oft entsteht daraus eine grosse Kraft, welche hilft, die zusätzlichen Anforderungen zu meistern und die Akzeptanz für die Situation zu entwickeln, um so das Kind in seiner Identitätsentwicklung zu unterstützen.


2. Sprach- und Kommunikationsentwicklung

Besonders entscheidend für eine ganzheitliche Entwicklung des Kindes ist die Sprache. Sprache ermöglicht den sozialen Zugang sowie den Zugang zum Weltwissen. Dabei ist es unbedeutend, welche Sprache (Deutsch, Gebärdensprache, Englisch …) gelernt wird. Wichtig ist, dass Kinder im frühen Alter eine Sprache aufnehmen können. Eltern hörbeeinträchtigter Kinder beeinflussen die Sprachentwicklung ihrer Kinder massgebend. Gemeinsame Erlebnisse begünstigen die Begriffsbildung und lassen das kindliche Sprachhirn wachsen. Es ist wichtig, die Welt über möglichst viele Sinne erlebbar zu machen. Diesen Erlebnissen Sprache zu geben, im Rollenspiel nachzuspielen und mit Tagebüchern zu visualisieren, ermöglicht dem Kind, sein Weltwissen zu erweitern. Gemeinsam etwas pflanzen, kochen und backen, eine Baustelle, den Bauernhof oder den Bahnhof besuchen usw. bieten sich für solche Unternehmungen an.

3.
Emotionale und soziale Entwicklung – Identität

Aus der Forschung ist bekannt, dass die Förderung der Entwicklung im sozio-emotionalen Bereich oft vernachlässigt wird. Sprache ist auch von zentraler Bedeutung für die sozio-emotionale Entwicklung des Kindes. Sprache ist der Schlüssel zu sich selbst, zum Gegenüber und zur Welt. Die eigenen Bedürfnisse und Gefühle wahrnehmen und benennen zu können, sind entscheidende Elemente für die sozio-emotionale Entwicklung bei Kindern. Es stärkt das Selbstvertrauen und unterstützt das hörbeeinträchtigte Kind, seine Identität zu entwickeln. Sich selbst wahrzunehmen sowie andere als eigenständige Person zu erkennen, sich in andere einzufühlen, sind wichtige Grundlagen für soziale Beziehungen. Mit geeigneten Kinderbüchern kann den Kindern auch in diesem Zusammenhang ermöglicht werden, Bilder und Sprache miteinander zu verknüpfen und mit dem Gegenüber in Kontakt zu treten. Christoph und Tanja Siebenhaar haben für die SVEHK-Website eine Bücherliste zu verschiedenen Themen zusammengestellt.

 

Bücherliste
 

 

 
4. Lesen

Es ist äusserst wichtig, dass unseren hörbeeinträchtigten Kindern möglichst viele Bücher zur Verfügung gestellt werden. Dabei muss das Smartphone auch einmal beiseitegelegt werden. Haben hörbeeinträchtigte Kinder genügend Lesekompetenz entwickelt und die Faszination für Bücher entdeckt, erhalten sie Zugang zu wertvollen Informationen, die sie im Alltag oft nicht mitbekommen. Zusätzlich können sie eigenständig ihr Weltwissen erweitern und sich so ein Stück von ihren Eltern lösen.

 
5.
Peer und Pubertät

Nach den vielen Jahren der engen Begleitung durch uns Eltern gilt es allmählich loszulassen. In der Pubertät wird es noch wichtiger für hörbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche, regelmässig Kontakt zu ihresgleichen zu haben. Dies ermöglicht den jungen Menschen, ihre Identität zu stärken, ein Gefühl der Zugehörigkeit zu erleben und sich auf dem Weg zur Selbstständigkeit verbunden zu fühlen. Dazu bieten sich Lager (SGB, pro audito schweiz, SGSV-FSSS Sportcamp), Jugendtreffs (Eagle Eye, topdix, jugehörig) oder Sportvereinigungen (Gehörlosensportclubs) an.


6.
Eine grosse Portion Gelassenheit

All diese vielen Aufgaben kann aber niemand «perfekt» bewältigen. Zum Schluss wünschen Tanja und Christoph Siebenhaar den Teilnehmenden eine grosse Portion GELASSENHEIT im Alltag mit ihren hörbeeinträchtigten Kindern.  Mit den Worten: «Es chunt scho guet!» schliessen die beiden ihren Fachvortrag. Nebst Eltern waren auch zahlreiche Fachpersonen anwesend. Der Abend wurde von den Regionalgruppen Aargau-Solothurn und Zentralschweiz organisiert und fand am 7. November 2019 in Zofingen statt. Beim anschliessenden Apéro konnte noch weiter ausgetauscht und rege diskutiert werden.  

Herzlichen Dank an Tanja und Christoph Siebenhaar für den interessanten Fachvortrag.

 

Autorin und Fotos: Yvonne Widmer

 

 

Fotos vom Fachvortrag